Geschichte des Sanitärwesens

Teil 1: Die Anfänge in Mesopotamien

Die Geschichte der Menschheit ist zugleich die Geschichte von Mensch und Wasser. Der Beruf des Sanitärinstallateurs ist Jahrtausende alt und für den Fortbestand der Zivilisation unverzichtbar. Ohne zuverlässige Frischwasserversorgung und die hygienische Abwasserentsorgung sind Siedlungen und Städte zum Untergang verurteilt. Wenn es ab morgen keine Sanitärinstallationsbetriebe mehr in Deutschland gibt, würde das Land innerhalb weniger Wochen im Gestank und in Seuchen versinken.

Gemessen an der großen Bedeutung des Sanitär-Handwerks wird diesem Beruf aktuell zu wenig Wertschätzung gezollt. Die medial und politisch befeuerte Überakademisierung führt zu einem schrägen Blick auf handwerkliche Berufe. Junge Menschen stürmen zu Abertausenden die Fakultäten der Universitäten und studieren dort teilweise belanglose Orchideenfächer, während echte Werte schaffende Fachhandwerksbetriebe, händeringend Nachwuchs suchen.

Diese Artikelserie würdigt die hohe Bedeutung des Sanitärwesens für die Menschheit.

Ein Blick auf die Anfänge

Auf ihren Streifzügen durch unberührte Kontinente waren es die Seen, Flüsse und Wasserlöcher, die den Nomaden der Frühzeit als Anlauf- und Raststätte dienten. Mit der Sesshaftwerdung der Menschen wuchs die Bedeutung sanitärer Installationen. Ackerbau und Viehzucht beschleunigten das Bevölkerungswachstum. Wasser wurde zum knappen Gut und zu einer Existenzfrage. Doch nicht nur die Trockenheit konnte tödlich sein, sondern auch das Wasser selbst: wenn es sich durch Regen, Schmelz und Flut zu tödlicher Wucht zusammenballte oder durch Verunreinigungen Krankheiten verbreitete.

So ist die Entstehung der frühen sesshaften Kulturen von Anfang an mit neuen Fragen konfrontiert: Wie können weitere, ferner gelegene Wasserquellen erschlossen werden? Wohin mit dem Abwasser? Und: wie kann die Zivilisation vor Hochwasser geschützt werden? Die frühen Kulturen finden auf diese Fragen Antworten. Antworten, die uns noch heute erstaunen – und auf die wir noch heute aufbauen.

Kanalsyteme in Mesopotamien

3000 Jahre v. Chr. blüht die sumerische Kultur. Den Sumerern gelingt es, die dürre Steppe Mesopotamiens mittels eines kühnen, wie intelligenten Bewässerungssystems in blühende Landschaften zu verwandeln. Zwischen Euphrat und Tigris schlängeln sich Gräben und Kanäle – mächtige Dämme zähmen die reißerische Flut. Wo vorher heißer Wüstensand glomm, ernten Bauern nun saftige Datteln aus Hainen, soweit das Auge reicht. Riesige Viehherden weiden unbekümmert, wo einst nur seltenes Reptil noch auszuharren vermochte.

Der Bau komplexer Kanalsysteme auf großen Flächen ist zugleich die Geburtsstunde der Mathematik. Die Sumerer sind Mathematiker avant la lettre. Heute weiß man, dass die Summerer die Zahl Pi kannten und mit dem Satz des Pythagoras rechneten – 2000 Jahre vor dessen Geburt. Mit dem Rechnen kam auch die Schrift. Die sumerische Keilschrift gilt als Beginn der Schriftkultur und ist ein zivilisatorischer Meilenstein.

Wie früh es die »alte Welt« zu gehobenem Sanitärstandard brachte, erstaunt noch heute. Bei Grabungen im syrischen Habuba Kabira stieß man auf Abwasserrohre, die noch aus der Urukzeit stammen (4100-3200 v. Chr.). Entsprechende Rohre aus Ton aus dem 3. vorchristlichen Jahrtausend wurden im Iran gefunden.

Mohenjo Daro: Erste voll kanalisierte Stadt der Menschheit

Wasserkanal in Mohenjo Daro
Quratulain, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons

Besonderer Erwähnung verdienen die bei Grabungen entdeckten Wassersysteme in Mohenjo Daro im heutigen Pakistan. Dort war fast jedes Haus im Inneren mit einem eigenen Brunnen ausgestattet, an den sich Badeanlage und Abtrittsvorrichtung anschlossen. Brauchwasser wurde schließlich über den eigenen Haushaltsanschluss in die städtische Kanalisation abgeleitet. Mohenjo Daro ist – nach heutigem Wissensstand – die erste voll kanalisierte Stadt in der Geschichte der Menschheit. Über mehr als 2000 Brunnen und mehrere große Badehäuser soll die Stadt verfügt haben.

Es werden 2000 Jahre vergehen, ehe die Römer einen vergleichbar hohen Sanitärstandard erreichen; ehe sie der Geschichte von Mensch und Wasser ein weiteres bedeutendes Kapitel hinzufügen werden. Dazu mehr im zweiten Teil der Tradition DX-Reihe »Geschichte des Sanitärwesens«.

Quellen:

Titelbild: NASA Satelittenaufnahme von Mesopotamien https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mesopotamia_9_October_2020.jpg

Bild: Kanalisation in Mohenjo Daro Quratulain, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Water_canal_for_the_great_bath_-_Mohenjo-daro.jpg

Literatur: Klaus Kramer. Installateur – ein Handwerk mit Geschichte. Schramberg 1998.

Kontakt

DILEX KG

28. Juli 2023

Das könnte Sie auch
interessieren